Hexenmahnmal Vardø

Anreise & erster Eindruck

Wenn man – wie ich – nach Vardø fährt, merkt man schnell: das hier ist nicht ein Ort für schnellen Tourismus. Die kleine Gemeinde am äußersten Nordosten Norwegens, auf der Insel Vardøya in der Barentssee gelegen, hat etwas Widersprüchliches: rau, einsam, vom Wetter gezeichnet – und zugleich voller Geschichte, voller Bedeutung.
Die Anreise über Land („Tunnel“)  ist bereits Teil des Erlebnisses, das Licht, das Klima, die Weite – und dann plötzlich die klare Küstenlinie, das Meer, der Wind. Es passt zur Stimmung des Ortes, und so auch zum Standort des Mahnmals.

Geschichte: „Hexenverfolgung“ in der Finnmark

Das Mahnmal erinnert an eine dunkle Epoche: Im 17. Jahrhundert, besonders in den Jahren 1662–63, wurden in der Region rund um Vardø zahlreiche Menschen der Hexerei beschuldigt. Allein in Vardø wurden über 90 Menschen zum Tode verurteilt – etwa 77 Frauen und 14 Männer. 

Ein Schlüsselpunkt: Man war überzeugt, Hexen und Hexer würden sich zum Beispiel in Tiere verwandeln oder mit dem Teufel Bündnisse eingehen. In einem berühmten Fall wurde einer Frau die sogenannte Wasserprobe angeordnet: Man fesselte sie und warf sie ins eiskalte Meer – schwamm sie oben, galt sie als schuldig.

Warum gerade hier? In der dünn besiedelten Region der Finnmark hatte diese Form der Verfolgung im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung ungewöhnlich hohen Anteil – damit wird das Gebiet zu einem der intensivsten Hexenverfolgungs‐Gebiete Europas.

Ort & Gegend

Der Standort des Mahnmals ist bedeutungsvoll: „Steilneset“ heißt der Punkt am Südwestufer der Insel Vardøya. Hinter einem kleinen Friedhof, direkt an der felsigen Küste gelegen, mit Blick auf die Barentssee.

Die Landschaft wirkt wie ein ständiger Begleiter der Geschichte: Wind, Meer, Stein, ein rauer Himmel – an vielen Tagen eher gedämpftes Licht, oft wechselhaftes Wetter. Die Gegend um Vardø gehört zur Halbinsel Varanger, wo das Klima arktisch/subpolar ist: Die Durchschnittstemperatur steigt kaum über 10 °C, Winter sind kalt und oft schroff. 

Die Stimmung vor Ort unterstützt das Mahnmal: Die Abgeschiedenheit, die Meereskante, die Weite – es ist kein Ort für schnelle Fotos, sondern zum Nachdenken und Innehalten.

Architektur & Gestaltung

Das Mahnmal wurde 2011 eröffnet – geplant wurde es vom Schweizer Architekten Peter Zumthor, mit einer Installation der französisch‐amerikanischen Künstlerin Louise Bourgeois. 

Es besteht aus zwei Teilen:

  • Eine lange, schmale Halle aus Holz und Segeltuch – inspiriert von traditionellen Fischtrockengestellen – in deren Innerem man durch einen dunklen Gang mit vielen kleinen Fenster‐Lichtpunkten geht. Jeder Lichtpunkt steht für ein Opfer.

  • Ein Pavillon‐Gebäude: Im Inneren ein „brennender Stuhl“ – ein metallener Stuhl mit Flammen, umgeben von Spiegeln – Symbol für das Urteil, das Feuer, das Opfer, geschaffen von Louise Bourgeois. 

Die Architektur wirkt minimalistisch und dennoch emotional geladen – man spürt beim Durchschreiten die Intensität dieses Ortes.

Besuchserlebnis: Gedanken & Tipps

  • Atmosphäre: Betritt man die Halle, wird man sofort ruhiger, gedämpftes Licht, kleine Fenster, Klang des Windes von draußen – das Erlebnis ist intensiver als eine Durchschnitts‐Sehenswürdigkeit.

  • Zeit mitbringen: Plane genug Zeit ein, um nicht nur „durchzulaufen“, sondern auch zu verweilen – draußen auf dem Felsen sitzen, aufs Meer schauen, die Gedanken schweifen lassen.

  • Wetter & Kleidung: Im hohen Norden heißt das: winddicht, warm, auch bei „gutem“ Wetter kann es frisch sein. Aussicht auf Meer und Himmel wirkt besser, wenn man sich wohl fühlt.

  • Lage merken: Das Mahnmal liegt etwas außerhalb der Hauptortschaft von Vardø – leicht zugänglich, aber nicht mitten im touristischen Trubel. Verbindung mit Festung Vardøhus festning oder einem Spaziergang entlang der Küste macht Sinn.

  • Nachdenken: Es ist kein fröhlicher Spaß‐Ort – das Thema ist ernst. Die Geschichte, die hier steht, mahnt. Deshalb: Respekt zeigen, Zeit lassen.

  • Tageszeiten & Licht: Gerade im Sommer, mit Mitternachtssonne, oder im Winter mit Polarlicht – die Umgebung wirkt ganz anders. Ein Besuch bei „weißem Licht“ oder im Dämmerlicht kann sehr eindrucksvoll sein.

Fazit

Das Hexenmahnmal Steilneset bei Vardø ist für mich einer dieser Orte, die nachhallen. Nicht nur wegen der Architektur – sondern weil hier ein Stück Geschichte in eine Landschaft eingebettet wurde, die selbst schon etwas erzählt. Ein Ort der Erinnerung, der Mahnung – und zugleich ein Ort der stillen Schönheit. Wer in Nordnorwegen unterwegs ist und den Mut hat, ein wenig abseits zu schauen, dem sei dieser Platz sehr ans Herz gelegt.

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